Die Sicherheitsarchitektur der Zukunft ist „vireal“

Die Sicherheitsarchitektur der Zukunft ist „vireal“

Wer Bedrohungen umfassend begegnen will, muss Gebäude und Leben sichern, aber neben realen auch die virtuellen Gefahren im Blick haben. Also alles in ein „vireales“ Konzept integrieren, wie Experte Uwe Gerstenberg es beschreibt. Realität und virtuelle Welt wachsen zusammen – die Sicherheitsarchitektur muss dies berücksichtigen und „vireal“ werden, wie Experte Uwe Gerstenberg es formuliert.

Ein diffuses „Alles ist unsicher derzeit“ reicht nicht für eine adäquate Beschreibung der Gegenwart. Um richtig zu reagieren, ist schon eine genauere Betrachtung notwendig. Wenn Sicherheitsexperten die Bedrohungen analysieren, klärt sich das Bild doch deutlicher. Uwe Gerstenberg, Geschäftsführer und Gesellschafter der consulting plus Unternehmensgruppe und ein erfahrener Spezialist in Sachen Sicherheit, identifiziert als zentrale Risikofelder derzeit den Terrorismus, die Cyberkriminalität und Einbrüche in die Privatsphäre im weitesten Sinne. „Anschläge in Deutschland und Europa werden zunehmen“, fürchtet der Experte. Die islamistische Terrororganisation IS wird derzeit in Syrien und im Irak zurückgedrängt, viele radikalisierte Kämpfer tragen den Terror dafür in die Welt hinaus. Sicherheitsbehörden bereiten sich zwar darauf vor, das reiche aber nicht, warnt Gerstenberg. „Man muss sich auch als Privatperson damit auseinandersetzen.“

Was heißt das konkret? Die Menschen müssten „weg von einer Vollkasko-Mentalität hin zu mehr Eigenverantwortung kommen“, sagt der Sicherheits- Profi. Wenn alle vor dem Besuch einer Großveranstaltung mal schauen, wo die Rettungswege entlanglaufen, könnte das im Ernstfall die Evakuierung erleichtern. Zudem kann man sich überlegen, was alles in eine Tasche muss oder eben nicht. Man macht es damit übrigens allen leichter – Vielflieger kennen die ärgerliche Situation, wenn an der Sicherheitskontrolle mal wieder darüber diskutiert wird, warum die Flasche oder das Nageletui nicht mitgenommen werden dürfen. Muss ja nicht sein.

Wenn es um den Schutz vor Einbrechern oder Hackern geht, gibt es trotz aller Ängste vor den Bedrohungen einige Hindernisse, stellt Stefan Bisanz, ebenfalls Geschäftsführer und Gesellschafter von consulting plus immer wieder fest. Mal fehlt das Geld dafür, mal glaubt man, eigentlich ja gut aufgestellt zu sein. An der Stelle empfiehlt der Sicherheitsfachmann einen richtigen Stresstest oder ein Qualitäts- Auditing. Die Experten von consulting plus zum Beispiel checken nicht nur die Systeme, sondern prüfen auch die Qualität der Sicherheitsdienstleister ihrer Kunden.

Uwe Gerstenberg (links) und Stefan Bisanz (consulting plus) gehen das Thema Sicherheit aus neuer Perspektive an.

Uwe Gerstenberg (links) und Stefan Bisanz gehen das Thema Sicherheit aus neuer Perspektive an. Foto: Alois Müller

Problem bei vielen solcher Dienstleister: „Drei Viertel der Mitarbeiter sind nicht ausreichend qualifiziert“, zieht Gerstenberg Bilanz aus seinen Beobachtungen. Sicherheitsfachkraft ist ein Ausbildungsberuf, doch in der Praxis sind häufig nur Mitarbeiter beschäftigt, die eine einwöchige Qualifizierung für den Sicherheitsdienst absolviert haben. Wer hier spart, tut es an der falschen Stelle, betont Gerstenberg. Die immensen Schäden durch Einbrüche und Cyberkriminalität bestätigen seine Einschätzung. „Für all das muss man erst einmal ein Bewusstsein schaffen, bevor man mit Sicherheitskonzepten anfängt“, sagt der Geschäftsführer des Beratungsunternehmens. Es bietet deshalb auch keine Lösungen von der Stange an. „Wir müssen zunächst die konkrete Situation eines Kunden eruieren und daraus Lösungen entwickeln“, erklärt Bisanz. Bei einem Unternehmen muss ein Schwerpunkt vielleicht eher auf dem Schutz vor physischen Einbrechern liegen, bei einem anderen vor den virtuellen, den Hackern. consulting plus hat sich daher „vom Sicherheitsdienstleister zum Systemanbieter für integrale Sicherheitslösungen“ entwickelt, wie Gerstenberg es formuliert.

Die Herangehensweise hat sich damit komplett umgedreht: Statt vom Ende, von der Lösung her zu denken, betrachten die Sicherheitsexperten von consulting plus das Thema aus Sicht möglicher Täter. „Die dringen heute über alle Zugangswege ein – über physische ebenso wie über digitale. Realität und virtuelle Welt wachsen zusammen.“ Die integrale Antwort müsse daher „vireal“ sein, beides also kombinieren, formuliert es Gerstenberg mit einer Wortneuschöpfung.

Dieses Denken sei in der Sicherheitsarchitektur häufig noch unbekannt, sagt der Experte und nennt als Beispiel, dass Terrorabwehr- und Cyberzentren immer noch getrennt arbeiten, während Terroristen längst in beiden Welten leben. So haben vermutlich die Attentäter, die im November 2015 in Paris Anschläge auf das Fußballstadion während des Deutschland-Frankreich-Fußballspiels und auf ein Konzert im Bataclan-Theater verübten, über die Spielekonsole Playstation 4 kommuniziert – ein Thema also für Terror- und Cyberexperten gleichermaßen. Auch für Unternehmen und Privatpersonen ist es höchste Zeit, beim Thema Sicherheit über den Tellerrand von Einzelproblemen zu schauen.

Medienberichte

Bericht: Jürgen Grosche, Rheinische Post 23.06.2017

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